Schon am darauf folgenden Abend durfte sie erfahren, wie beruhigend es ist, mit dieser Selbstvertgeidigungswaffe ausgestattet zu sein. Sie war auf dem Weg nach Hause, es war 20.00 Uhr und stockdunkel. Ihr Heimweg führte sie immer ein Stück an dem Fluss entlang, der Fuß- und Fahrradweg war nur sehr sparsam beleuchtet. Warum setzt sich nicht endlich mal jemand dafür ein dass hier mehr Licht herkommt? Schon immer hielt sie es für bedenklich, als Frau hier am Abend alleine herumzulaufen, auch schon bevor die Flüchtlinge da waren und Deutschland zu einer Kloake der Kriminalität machten.
Von Weitem sah sie eine Gruppe von Männern, die am Ufer herumlungerten, rauchten und wild gestikulierend, lautstark in Kameltreibersprache miteinander kommunizierten. Sie entschied sich, den längeren Weg durch die Altstadt zu nehmen, um nicht an ihnen vorbeilaufen zu müssen. Da zeigte einer von ihnen mit dem Finger auf sie, ja, das war ganz deutlich zu sehen, sie schauten sich an und machten sich auf den Weg in ihre Richtung.
Sie begann schneller zu gehen. In ihrem Kopf spielten sich in Sekunden komplette Filmszenen ab: Wie sie von den Männern festgehalten wird, wie einer von ihnen ihr die Kleider vom Körper riss. Wie er mit einem scharfen Messer ihren BH zerteilte und feine Ritze in ihre samtweiche, weiße Haut in den Bauch und ihre Brüste schnitt. Sie liegt völlig ausgeliefert auf der Bank, an jedem ihrer 4 Gliedmaße steht ein bärtiger Mann und hält sie fest. Sie weiden sich an ihrem Anblick. Sie hört ihr Stöhnen, als der mit dem Messer seine Hose öffnet und seinen großen erigierten Penis herausholt. Sie hört sich schreien, als er in sie eindringt.
Jetzt rennt sie. Das Prickeln in ihren Lenden wird durch die Reibung ihrer Schenkel verstärkt. Sie hört sich in der Tat keuchen und stöhnen. Es ist, als ob sie gleich kommen würde, sie erschrickt über ihre eigene Wollust. Sie greift während sie weiterrennt in ihre Handtasche und fummelt nach dem Pfefferspray. Da ist es. Sie schaut nach hinten, vermutet ihrer Verfolger dicht auf den Fersen. Gleich ist es so weit. Gleich wird sie von hinten gepackt.
Doch da ist nichts.
Weit und breit Niemand.
Keine Flüchtlinge, keine Araber, keine Afrikaner, keine Moslems, keine Islamisten, keine Männer.
Niemand!
Sie schnappt nach Luft, ist immer noch völlig außer Atem. Enttäuschung breitet sich in ihr aus. Verstört schaut sie sich um, ob sie jemand gesehen hat. Das ist nicht der Fall. Sie steht hier, völlig alleine, unter einer hell leuchtenden Straßenlaterne.
Als sie zu Hause ankommt, ist sie nass geschwitzt. Ihr Mann ist nicht da. Sie knipst das Licht im Flur an und betrachtet sich im Spiegel. Sie öffnet den Mantel, danach den Gürtel ihrer Jeans, zieht die Bluse nach oben bis über ihre prallen Brüste, die in einem schwarzen Spitzen-BH stecken und sucht vergeblich nach kleinen Schnitten oder Kratzern auf ihrer makellosen Haut.
Nichts.
Leider.
Mit düsterem Blick setzt sie an ihren Laptop und schaut nach den neuesten Benachrichtigungen. Mehrere Bezichtigungen der Panikmache und Fremdenfeindlichkeit, selbst persönliche Beleidigungen sind darunter. Unglaublich! Hatte sie es doch gerade wieder am eigenen Leib erlebt. Eine Freundschaftsanfrage eines so genannten „Reichsbürgers“ und eine Gruppeneinladung zur nicht öffentlichen Gruppe „Anti-Asyl“, die sie spontan annimmt.
Von ihrer einzigen, verbliebenen Real-Freundin auf Facebook liegt eine persönliche Nachricht vor, die sie öffnet. Umständlich, mit übermäßig vielen unnötigen Zwischenzeilen garniert, wo sie ihr wieder und wieder beteuert, dass sie es nur gut meine und ihr immer eine wahre Freundin bleiben werde, versucht sie ihr zu erklären, dass sie sich verrennen würde. Sie mache sich verrückt mit ihrer Panik bezüglich der Übergriffe durch Ausländer. Sie solle bedenken, dass die „Geflüchteten“ – so nennt sie die tatsächlich – keine besseren Menschen sein könnten wie die Einheimischen, dass von ihnen nicht automatisch eine Gefahr ausgehen müsse. Unter Geflüchteten gäbe es statistisch gesehen nicht mehr Triebtäter als unter Deutschen.
Wütend schiebt sie den Laptop so schwungvoll von sich, dass er beinahe vom Tisch gefallen wäre. In welcher Welt lebt die eigentlich? Unglaublich, wie naiv die ist. Sie hat jetzt keine Lust, ihr ein Gegenstatement, belegt durch eindrückliche Erfahrungsberichte entgegenzuschmettern. Es ist ohnehin müßig. Sie braucht nur abzuwarten, bis auch ihr etwas zustößt, dann wird sie ihre Meinung schon ändern. Manche wollen eben nur durch schmerzliche Erfahrung dazulernen.
Sie wartet, dass ihr Mann nach Hause kommt. Sie will ihm gleich von dem Vorfall mit den Flüchtlingen erzählen, natürlich lässt sie weg, dass zuletzt überhaupt nichts passiert ist. Den ganzen Abend hatte sie sich ausgemalt, wie sie es schildern wird. Dass sie festgehalten wurde, dass sie sie mit einem Messer bedroht haben, dass sie ihr die Bluse hochgeschoben und die Hose heruntergezogen haben, dass sie sie überall begrapscht haben, dass sie zuletzt nur deshalb nicht bis zum Äußersten gegangen sind, weil sie ihr Pfefferspray zum Einsatz bringen konnte und weil eine Gruppe Fahrradfahrer vorbei gekommen ist. Nein, Zeugen gibt es nicht, die Fahrradfahrer waren zu schnell und es war, dank der funzligen Beleuchtung, viel zu dunkel um etwas zu erkennen. Zu schreien hatte sie sich nicht getraut.
Je intensiver sie sich den Vorfall ausmalte, desto realer wurde er. Es ist doch tatsächlich passiert, oder?
Als ihr Mann endlich nach Hause kam, lag sie schon im Bett. An seinen Schritten, und wie er die Wohnungstüre öffnete und schloss, konnte sie erkennen, dass er betrunken war. Enttäuschung breitete sich in ihr aus. Sie würde es ihm morgen erzählen müssen. Sie drehte sich mit dem Gesicht zur Wand, deckte sich bis unter die Nasenspitze zu, so dass kein Fitzelschen von ihrer Haut zu sehen war und hoffte dass er sie bloß nicht anfasste. Er stolperte ins Zimmer, zog sich umständlich aus, wäre dabei mehrmals beinahe umgefallen, hätte er sich nicht am Bettpfosten aufgefangen, bis er es edlich geschafft hatte und sich splitternackt neben sie warf. Ungelenk schoben sich seine Hände unter ihre Decke und betatschten sie. Sie stieß ihn weg mit den Worten: „Lass das, du bist betrunken. So fasst Du mich nicht an.“
Er gab ein wütendes Brummen von sich, ließ von ihr ab, während er irgendwas abfälliges murmelte. Hatte er wirklich blöde Fotze gesagt? Hauptsache er lässt sie für heute in Ruhe. Selbst hier im heimischen Bett kann sie nicht sicher sein.
„Zwei Frauen von Südländern in Hinterhof gedrängt“ focus.de
„Doppelt überfallen: Südländer rauben verletztes Opfer noch aus“ morgenpost.de
„Massenverggewaltigung: Selfies mit Opfern gemacht“ krone.at
„Afrikaner vergewaltigt Frau auf Toilette“ welt.at
„Frau von zwei Schwarzen angegriffen“ wiesbadener-kurier.de
Und so weiter, und so weiter.
Sie könnte stundenlang solche Nachrichten lesen. In Gedanken spielt sie jede einzelne Schlagzeile durch, einmal als Opfer, einmal als unbeteiligte Zuschauerin. Sie stöberte im Internet immer weiter nach entsprechenden Taten. Tote sollte es dabei nicht geben, aber Bedrängungen, Vergewaltgigungen, sexuelle Übergriffe jeglicher Art, daran konnte sie sich nicht satt lesen. Und südländische Flüchtlinge sollten dabei sein. Das war die perfekte Kombination aus Furcht, Sex, Gewalt, animalischem Mann, ausgeliefert sein und absoluter Erregung, die sich in diesen Meldungen für sie verbarg. Gefühle, wie damals mit Filippo.
Je mehr sie sich in diesen Geschichten verlor, desto mehr war sie auf der Suche nach neuem Futter für ihre Phantasien, nach neuen Skandalen. Es gab wahrlich genug davon. Nach außen verkörperte sie die Empörte. Das funktionierte auch gut gegenüber sich selbst, so konnte sie sich die ständige Beschäftigung mit diesen Themen erklären. So hatte sie eine Rechtfertigung.
Mit ihren Phantasien wuchs auch die Aggressivität, mit der sie in den sozialen Medien, aber auch im realen Leben gegen die Sünder, die Flüchtlinge hetzte.
„Junge Frau wurde beim Joggen von 3 Männern angegangen und vergewaltigt.“
Joggen im Wald. Es ist Spätherbst, Nebelschwaden wabern zwischen den Bäumen, Dämmerung zieht auf. Die Blätter knirschen unter ihren Schritten, sie hört ihren heißen Atem und stößt kleine Wolken in die Luft. Schweiß läuft ihr den Rücken herunter, wird vom Saum ihrer Jogginghose aufgefangen um, dort zu erkalten. Halt, was war das? Der Rhythmus des Knirschens ist durcheinander geraten. Gab es da noch weitere Schritte? Joggte da noch jemand?
Sie drehte sich im Laufen um und sah im Nebel die Silhouette eines großen Mannes, der ca. 10 Meter hinter ihr lief. Sollte er sie doch überholen, dachte sie und verlangsamte ihre Gangart. Er kam zwar näher, überholte sie aber nicht. Es wurde ihr leicht mulmig in der Magengegend. Sie beschleunigte und schaute wieder flüchtig nach hinten. Der Mann war dicht hinter ihr und passte sich genau ihrer Schrittgeschwindigkeit an.
Hinter ihm tauchten schemenhaft zwei weitere Figuren auf. Gut, dachte sie, da sind noch mehr Jogger unterwegs und konzentrierte sich wieder auf ihre Strecke. Bis zur Bundesstraße, an die der Waldweg grenzte, waren es noch gut 2 Kilometer. Sie würde ab dort dann an der viel befahrenen Straße entlang zu ihrem Auto zurücklaufen. Bis aus der Dämmerung Dunkelheit wird, hätte sie die beleuchtete Straße längst erreicht.
Warum überholte sie nur niemand? Die müssten doch schon lange an ihr vorbeikommen.
Wieder drehte sie sich um und was sie jetzt sah, jagte ihr klirrendes Entsetzen durch Mark und Bein.
Alle drei Männer liefen exakt in ihrer Geschwindigkeit hinter ihr her. Sie beschleunigte, sie taten es auch. Sie wurde wider langsamer, die Männer ebenfalls. Sie bekam Panik und fing an zu rennen, so schnell sie konnte. Ihr Herzschlag pochte hart in ihrem Hals, ihre Atmung wurde zu einem Keuchen, sie hatte nur noch die rettende Straße im Sinn. Plötzlich wurde sie von hinten an den Schultern gepackt, sie verlor das Gleichgewicht und fiel rücklings auf den Boden, schlug hart mit dem Kopf auf. Kurz glaubte sie, die Besinnung zu verlieren, aber dann sah sie die 3 Männer über sich.
Einer von ihnen, der mit dem schwarzen Vollbart, kniete über ihrem Kopf und presste sie an den Schultern auf den von Laub bedeckten Schotterweg. Ein anderer, er hatte die Kapuze seines Hoodies tief ins Gesicht gezogen, drückte ihren Hals zu Boden, bis sie würgen musste, während sich der dritte, den sie nicht sehen konnte, an ihrer Jogginghose zu schaffen machte…
Sie schaute auf ihren Computerbildschirm und war fasziniert davon, was diese kleine Überschrift für Bilder in ihrem Kopf erzeugen konnte. Ihr war warm zwischen den Beinen geworden, ja fast schon heiß und sie spürte, wie sie feucht wurde. Weiter so! Sie wollte mehr davon. Schnell, bevor die Stimmung verging, bevor die Phantasie wieder verschwimmt, tauchte sie erneut in ihre Gedankenwelt ab.
Jetzt konnte sie auf die Details verzichten, jetzt wollte sie sich nur noch auf das Wesentliche konzentrieren.
Links und rechts von ihr stand jeweils einer von ihnen und hielt sie an den Armen fest, damit sich der dritte an ihr vergnügen konnte. So wechselten sie sich ab, sie konnte nicht mehr unterscheiden, wer gerade in ihr war, wie oft schon, mal hart, mal sanft, mal langsam, mal schnell. Sie gruben ihre Hände in ihre Brüste, ihre Jacke war offen, das T-Shirt nach oben geschoben, der Sport BH kurzerhand zerrissen. Sie wurde zum Lustobjekt reduziert, sie war nur noch das Objekt der Begierde für diese animalischen Männer.
3 Männer. Zwei halten sie fest, einer fickt sie. Sie wird zur Lust gezwungen.
Ja, das war es! Zur Lust gezwungen werden. Besser geht es nicht.
Ihre Finger kreisen um ihr Genusszentrum. Gezwungen. Kreisen. Im Wald auf dem Boden liegen. Festgehalten. Benutzt. Fremde Männer. Triebhafte Männer. Streicheln. Schreien. Lust. Bärte. Schmerz. Dunkle Haut. Stöhnen. Hingabe. Zwang. Schneller werden. Fester werden. Entgleisen.
Sie kommt. Was für eine Geschichte.
Langsam öffnet sie die Augen. Es dauert ein paar Minuten, bis sie wieder im Hier und Jetzt ankommt. Nach und nach wird ihr bewusst, wie sie da sitzt. Ihre Hand ist immer noch in ihrem Slip. Es fühlt sich feucht und warm an. Sie zieht sie entsetzt weg. „Junge Frau wurde beim Joggen von 3 Männern angegangen und vergewaltigt.“ Jetzt liest sich die Überschrift auf einmal ganz anders.
Was war denn das gerade?
Schnell steht sie auf, zupft ihren Rock zurecht und flüchtet, weg von diesem Platz. Sie will den Computer nicht mehr sehen. Sie braucht Luft, frische Luft. Sie will laufen, nur noch rennen.
Joggen gehen, das wär´s jetzt. Joggen gehen? Hilfe nein! Das geht nicht! Beim Joggen ist es doch passiert.
Beruhige dich. Denkt sie. Keiner hat es gesehen, keiner weiß es. Es war doch schön. Sie setzt sich wieder vor den Bildschirm. „Junge Frau wurde beim Joggen von 3 Männern angegangen und vergewaltigt.“ Weg damit. Ein Klick, und die Seite ist zu.
Unglaublich, was da gerade passiert ist. Und alles nur wegen diesen Schlagzeilen, die diese kriminellen, testosteronbeladenen, ungezügelten, illegalen Männer produzieren. Wie sie diese Flüchtlinge hasst.
Die sind schuld!
An allem schuld!
Das durfte sie gerade am eigenen Leib erfahren.
Aber es war doch schön.
NEIN war es nicht! Es war abartig und pervers. Sie wurde fremdgesteuert und benutzt. Und das war alleine die Schuld dieser Migranten.
Ab morgen wird sie endlich richtig aktiv werden. Sie wird sich einer Gruppe anschließen, die etwas gegen diesen kriminellen Mob tut. Sie wird demonstrieren gehen. Sie wird dafür Sorge tragen, dass alle Schandtaten dieser Migranten aufgedeckt und verbreitet werden und damit kann sie heute schon beginnen.
Sie bewegt die Maus, der Bildschirmschoner verschwindet.
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